ERNEFANT im Aarauer Untergrund
Ein ganz spezieller Auftrag führte uns die letzten beiden Wochen unter den Bahnhofsplatz in Aarau, in ein schweizweit einzigartiges unterirdisches Bauwerk - den Meyerschen Stollen. Im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Selhofer AG Kanalreinigung befreiten wir einen Teil des Stollens von Schlamm und Geröll, damit das aufgestaute Grundwasser wieder ungehindert abfliessen kann.
Der Meyersche Stollen entstand in mehreren Abschnitten zwischen 1791 und ca. 1810. Bauherr war Johann Rudolf Meyer Sohn, der anfangs den Stollen zur Entwässerung seines sumpfigen Grundstücks nutze. Später gewann er das nötige saubere Wasser für seine Seidenfärberei aus dem Stollen. Um 1810 wurde ein Wasserrad (Ø 9.5 Meter) in den Stollen eingebaut, welches u.a. dem Antrieb der Maschinen und des Blasebalgs in der Fabrik diente.
Zur damaligen Zeit gab es noch keine Bewilligungspflicht für den Bau von Untertagebauten auf Privatgrundstücken, auch die Nutzung von Grund- und Sickerwasser war nicht konzessionspflichtig.
Ca. 1881 wurde die Stollennutzung nach dem Konkurs der Fabrik eingestellt.
Danach geriet der Meyersche Stollen mehr und mehr in Vergessenheit. Bis 1985 war das Stollensystem gösstenteils noch komplett vorhanden. Durch verschiedenen Baumassnahmen wurde der Stollen mehrmals durchschnitten. 2010 wurde auf Initiative der IG Meyersche Stollen im Unterschoss des Bahnhofs ein Ausstellungsraum mit einem neuen Zugang zum Stollen geschaffen. Seither ist es der Öffentlichkeit möglich, ein kurzes Stück des Stollens zu besichtigen.
Der Stollen hat eine Gesamtlänge von 1.7 km, verläuft auf 3 Ebenen in 4 bis 17 Meter Tiefe.
Wenn wir jetzt für 250 Tonnen Materialausbringung zwei Wochen benötigten, kam man zu Bauzeiten des Stollens in Handarbeit ca. 20 – 50 cm pro Tag voran. Insgesamt wurde damals über 2000 m3 Ausbruchmaterial zu Tage gefördert.
Wer jetzt neugierig geworden ist und noch mehr erfahren oder gerne selbst einmal einen Blick in den Aufschluss Meyerstollen werfen möchte, findet weitere Informationen auf der Website des Stadtmuseums Aarau.